Freitag, 7. Dezember 2012

DON - The German Gay Magazine 1977 (Heft 9 bis 10)


DON 9/77 erscheint im September 1977. Verleger ist Henry Ferling, Darmstadt, siehe DON 1/1973. Redaktion: Jens M. A. Reimer, R.v. Lindenau (= Henry Ferling), Tommy Brauner (= Jens M. A. Reimer), Bildredaktion: Guy Gilbert (= Günter Goebel) und Hans John (= Hans Möstl), Details bei DON 9/1976


Über Düsseldorfs Schwule, die es zum Nachtschwärmen nach Köln zieht:

" ... In den letzten 15 Jahren hat sich enorm viel verändert: Die Gesetze wurden revidiert. Die Zwänge um uns haben sich gelockert. Razzien in Homo-Bars gehören der Vergangenheit an. Eine neue, zwangsfreiere Generation ist gross geworden. Einsicht und Verständnis um uns sind gewachsen. Homo-Publikationen kann man an der nächsten Ecke kaufen ... Aber speziell dort, wo Homophile zusammentreffen, ist alles noch zwanghafter geworden ... Sicherlich ist das nicht allerorten der Fall. Aber immer mehr Barbesuch-Statistiken signalisieren 'Tief'. Auch dafür können wir die 'Normalen' nicht verantwortlich machen.. Das ist unser eigenes Bier ... Bedrückend. Unbegreiflich ... Als 'Älterer' fängt man an zu träumen - von der 'guten alten Zeit'. Dabei waren diese Zeiten alles andere als gut. Ich bilde mir nun weiss Gott nicht ein, dass nach diesem DON-Vorwort die oft bedrückende Stimmung in den Bars sich mit einem Schlag plötzlich verändert ..."


Mit der US-Amerikanerin Anita Bryant mussten wir uns von 1977 an häufiger beschäftigen. Die 1940 geborene Sängerin, 3. Platz Miss America 1959, Reklame-Model, initiierte 1977 zunächst in Dade County (Florida) eine sehr erfolgreiche Kampagne (Safe Our Children) gegen Schwule, die sie in Folge auch auf andere US-Staaten ausdehnte. Damit mobilisierte sie allerdings zugleich einen gewaltigen politischen Widerstand schwuler Aktivisten, der u.a. von prominenten Schauspielern unterstützt wurde.


"Grundsätzlich gilt: Für den alleinstehenden Homophilen ist die Privatversicherung generell vorteilhafter." Keine Ahnung, wer diesen schamlos werbenden Reklameartikel in das Heft lancierte (der Verleger Henry Ferling?).


"Die Initiativgruppe Homosexualität Bielefeld ... hatte für den Mai 1977 das Hamburger Theaterkollektiv 'Brühwarm' eingeladen. Die Brühwarmen sollten ihr neues Stück 'Männercharme' im städtischen Jugendheim Niedermühlenkamp aufführen. Dem Veranstalter ... wurde der Jugendheimsaal zur Verfügung gestellt, unter der Auflage: ...'dass Jugendliche unter 18 Jahren nicht an dieser veranstaltung teilnehmen ... (und) dieses durch Ausweiskontrolle sicherzustellen'."

Das war (natürlich) ein 'gefundenes Fressen' für die CDU (bis zu den Kommunalwahlen 1999 lag in Bielefeld immer die SPD vorne), die die Auseiandersetzungen mit einer Debatte über die rückläufige Geburtenrate in Bielefeld krönte. Volker Heimen, CDU: "Wenn Sie das so sehen und keinen Einfluss auf das Verhältnis zwischen Mann und Frau nehmen können, dann sollten Sie aber dort Einfluss nehmen, wo Sie es können, und verhindern, dass Gegenreklame zu solchem Verhalten im städtischen Jugendheim gezeigt wird."


DON 10/77 erscheint im Oktober 1977. Verleger ist Henry Ferling, Darmstadt, siehe DON 1/1973. Redaktion: Jens M. A. Reimer, R.v. Lindenau (= Henry Ferling), Tommy Brauner (= Jens M. A. Reimer), Bildredaktion: Guy Gilbert (= Günter Goebel) und Hans John (= Hans Möstl), Details bei DON 9/1976

Mit dieser Ausgabe habe ich die gesamte Auswahl der Bebilderung sowie das komplette Layout des Magazins, inkl. Titelseite, übernommen. Trotzdem werden die längst schon überholten Angaben "Bildredaktion" auch zukünftig im Impressum stehen bleiben. Einige Stilelemente (wie Grundschriften, 3-spaltig usw) sollen auf Wunsch des Verlegers beibehalten werden. Am deutlichsten wird die (relative) Veränderung an der einheitlichen, markanten Schrift für Headlines.


Ein ganz fieses Thema: Die deutsche Presse und das Thema Homosexualität.

Auch nach Kriegsende, ja bis in die 80er Jahre, hat die freie deutsche Presse - Zeitungen und Zeitschriften (von wenigen Ausnahmen abgesehen) - mehr oder weniger aggressiv, oft schmierig unterschwellig, eine hemmungslose Schwulenhetze betrieben, Zerr- und Klischeebilder von gefährlichen, perversen Homosexuellen verbreitet und die in der Bevölkerung herrschenden Vorurteile (in der Nazi-Zeit besonders hochgejubelt) immer wieder bestätigt und gefestigt.

" ... Manche dieser Meinungsverbilder kochen ihre Ergüsse über Homophile in einer geradezu widerwärtigen Art und Weise - dass es zum Himmel stinkt. In ihrer Berichterstattung über homosexuelle Themen wird kräftig Diskriminierungshefe untergemischt, und damit die Meldung aufgebläht. Aber nicht nur die tendenziös aufgebauschten Berichte sind es. Alleine mit ihrer reisserischen Wortwahl drängen gewisse Schreiberlinge die Homosexuellen in eine kriminell anrüchige Ecke. Und wenn wir immer wieder mit Kriminellen gleichgesetzt werden, so ist das u.a. ja auch ein Verdienst unserer 'freiheitlichen' Presse. In dieser 'Freien' Presse ist eben alles erlaubt. und manche Journalisten nehmen sich alle Freiheiten, um anti-homosexuelle Stimmung aus erzreaktionärem Denken heraus zu erzeugen. Aber es sind nicht nur die niedrigen Instinkte, an die einige der Journalisten appellieren, indem sie ihrem Leserpublikum genüsslich das Bild vom pervers-kriminellen Homosexuellen vorsetzen. Es sind vor allen Dingen auch einige der Verleger und Chefredakteure, die das Auflagendenken über jedwede Form von Moral - und sich vor ihre Schreibeauftragten stellen ...
... dass unser Bundespräsident [Walter Scheel] dem Verleger einer der homofeindlichsten Gazetten - Axel Cäsar Springer - das 'Grosse Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland' verliehen hat ..."

Anmerkung: Die Homosexuellenhetze in der bundesrepublikanischen Presse - führend die BILD-Zeitung - harrt auch noch der Aufarbeitung.



"Pornographie ist die Darstellung unzüchtiger Handlungen mit der Absicht, nicht eine künstlerische Aussage, sondern lediglich eine aufreizende Wirkung zu erzielen; siehe auch Schundliteratur (Auszug aus einem Lexikon)... "

DIE ZEIT 5/1955, Februar 1955: Paragraph 184
DER SPIEGEL 50/1969, eine Seite - PDF - über den Schmuggel mit Pornographie

§ 184: Wichtige Gesetzes-Wegsteine hin zu einer Liberalisierung waren die weitgehende Freigabe pornografischer Inhalte durch ein Bundesgerichtshof-Urteil im Jahr 1969 („Fanny-Hill“-Urteil) und die Freigabe von Pornografie 1975, die ab dato nur noch jugendrechtlichen Einschränkungen unterlag. 


Diesem ersten Interview - mit den DON-Lesern und Lebenspartnern Johannes (33) und Detlef (30) aus Neuss - folgten weitere. Da die Redaktion immer noch regelmässig (zu) viele problemgeladene Briefe von Homosexuellen erhielt, versuchte ich mit den Interviews einen Gegenpol zu setzen: Schwule erzählten aus ihrem vergnüglichen, erfüllten, ganz 'normalen' Homo-Leben.


Erster (?) Beitrag in DON, eine Satire von Stefan Trossbach, der sich als Buch-Übersetzer, Übersetzer von Bühnenwerken (Operetten, siehe http://st-operette.blogspot.de) und Buch-Autor (Bruno Gmünder Verlag, Droemer Knaur u.a.) einen Namen machte.


Fotoserie vom Juni 1977, Thomas aus Hannover, hübsch und rattengeil.


Erstmals ein Preisausschreiben in DON: "Unsere Garantie: ... Eine Liste aller Gewinner mit vollem Namen und Anschrift wird nach Abschluss von uns bei Herrn Rechtsanwalt und Notar F.W. Niemann ... Darmstadt, hinterlegt ..."


Erster (?) Beitrag, eine Glosse von Wenzel Böhmak (Pseudonym), der mehrere Jahre für DON schrieb und bebilderte Artikel beitrug.


Frühe (europäische) männliche Aktfotografie.