Montag, 26. November 2012

DON - The German Gay Magazine 1977 (Heft 5 bis 6)


DON 5/77 erscheint im Mai 1977. Verleger ist Henry Ferling, Darmstadt, siehe DON 1/1973. Redaktion: Jens M. A. Reimer, R.v. Lindenau (= Henry Ferling), Tommy Brauner (= Jens M. A. Reimer), Bildredaktion: Guy Gilbert (= Günter Goebel) und Hans John (= Hans Möstl), Details bei DON 9/1976


Ich beschäftige mich mit dem Jahresbericht (1976) des Bonner Wehrbeauftragten Wilhelm Berkhan (SPD), der auf 27 Berichtseiten ganze 46 Druckzeilen zum Thema Homosexualität enthielt ... woraus der STERN - unter der Überschrift 'Zahmer Zapfenstreich' - folgendes machte: 
"... Dafür gab Soldatenrechtsbewahrer Berkhan einem Kapitel 'Homosexualität in der Bundeswehr' breiten Raum, aus dem man fast den Eindruck gewinnen kann, die ganze Truppe sei ein Homo-Club..."

Mein Vorwort endet so: " ... die Oberen der Bundeswehr haben es nicht leicht. Man stelle sich das einmal vor: Unsere Armee eine Lust- und Liebestruppe. Was soll da im Ernstfall geschehen? Die Jungs könnten womöglich auf ihre Gegner nicht mehr schiessen, sondern würden sich mit ihnen verbrüdern."


" ... Professor Jourard hält seine Beobachtungen in den Cafés von folgenden vier Orten für beispielhaft: In San Juan (Puerto Rico) notierte er 180 'Anfassungen' in einer Stunde. In einem Pariser Café 110. In Gainesville/USA (wo der Professor doziert) nur zwei. Und in London null ..."


Arnold Schwarzenegger (29) lebt zwar schon 8 Jahre im kalifornischen Santa Monica, noch ist er aber nur Betreiber einer Bodybuildingschule für Promis.

Aktuelle Situationen von Schwulen in Spanien (Diktator Franco ist gerade einmal 1 Jahr tot), Schweden (Senkung von Mindesalter von 14 auf 10 Jahre?) und der UdSSR (Homosexualität wird mit Gefängnis bis zu 8 Jahren bestraft), Südafrika (erste homophile Zeitschrift gegründet) und Thailand (Militärjunta schliesst Homo-Bars und verfolgt Callboys).

Reisepreisvergleiche Mykonos/Griechenland.

Schwulen-Treffs in Leipzig (12 Jahre vor dem Mauerfall).

Vizepräsident und Jugendwart des Deutschen Judo-Bundes unterziehen Jugendliche vor dem ersten Kampf einer 'Spezial-Taufe' (Mannbarkeits-Ritus mit eindeutig sexuellem Charakter).

Ursache etwa jedes fünften Kreuzschmerzes ist eine Prostata-Entzündung ...

Eines meiner ersten Fotomodelle, ein 20-jähriger bisexueller Student, und eine dazu gar nicht so frei erfundene 'Geschichte' mit der Möglichkeit zu dem Modell Kontakt aufzunehmen. Meine laienhaften Fotoversuche siehe auch DON-Titelseite 4/1977.



Trotz wiederholter treuherziger Verzichts-Beteuerungen ... dilettantische Amateur-Ergüsse wie diesen lancierte Verleger Henry Ferling immer und immer wieder ins Heft.


"Wir haben für unsere DON-Freunde die originellsten Schpappschüsse von Frankfurts grösster Gaudi, dem >Grossen Fummelball< im Palmengarten, veranstaltet vom >Club Amsterdam<, herausgesucht." Plus ein Fummeltrinengedicht im nachempfundenen Eugen-Roth-Stil (Ein Mensch...).


DON 6/77 erscheint im März 1977. Verleger ist Henry Ferling, Darmstadt, siehe DON 1/1973. Redaktion: Jens M. A. Reimer, R.v. Lindenau (= Henry Ferling), Tommy Brauner (= Jens M. A. Reimer), Bildredaktion: Guy Gilbert (= Günter Goebel) und Hans John (= Hans Möstl), Details bei DON 9/1976


Vorworte wie dieses schrieb ich einzig und allein gerichtet an den Verleger  Henry Ferling und den 'Bildredakteur' Günter Goebel. Mit ihrem verzopften, unqualifizierten Stil nahmen die beiden immer wieder auf den redaktionellen Inhalt Einfluss:

" ... Ganz besonders haben wir uns die vielen kritischen Hinweise zu Herzen genommen und die vergangenen zwölf Monate - in Ihrem Sinne - genutzt. Die homophilen Liebes- und Leidensgeschichten wurden abgebaut, und auf viele Themen, die von DON-Lesern oft als Bla-Bla-Beiträge charakterisiert wurden, haben wir bewusst verzichtet. Ich glaube, dass der Trend zu einem aktuelleren, informativeren, kritischeren und sachlicheren DON unverkennbar ist - ohne dass wir auf Unterhaltung und Bebilderung verzichtet hätten ..."

" ... Und noch eines: wir sind ein homophiles Magazin, und wir werden es auch bleiben. Aber wir dürfen nicht alles ausschliesslich durch die homophile Brille betrachten. Wer diese Meinung nicht teilt, sollte sich vor Augen halten, dass wir nur eine von vielen Minderheiten sind. Und dass andere Minderheiten auch ganz grosse Probleme haben ..."

" ... Möglicherweise sehen wir den 'neuen' DON-Trend zu rosig. Eben deshalb würden wir uns ganz besonders freuen, Ihre persönliche Meinung über die letzten zwölf DON-Ausgaben zu erfahren. Denn wir wollen nicht nur Monologe halten, sondern weiterhin das Gespräch mit unseren Lesern suchen..."


Details zu dem (regelmässigen) DON-Autor Thomas Wagner, einem katholischen Theologen, stehen bei DON 5/1974

" ... Wie schon in den Ausführungen zur Telefonseelsorge und früher bemerkt, ist vor allem der junge Homosexuelle wegen mangelnder Gesprächspartner auf solch professionelle Ratgeber angewiesen. Diese Isolation führt auch oft zu Selbstmordgedanken ... Der französische Dichter Paul Valéry bemerkt einmal: 'Selbstmord ist die Abwesenheit aller anderen.' ..."


Über den Maler José Ramón Díaz Alejandro, bekannt als Ramon Alejandro (geboren im Februar 1943, Havanna/Kuba), der in Paris im Exil lebt, gibt es im Internet nur englisch- und spanischsprachige Hinweise. Bei all denen bleibt unerwähnt, dass das 'Museum für pornographische Kunst' in San Francisco 1975 (1977 existierte es schon nicht mehr) Arbeiten von ihm ausstellte, von denen uns ein DON-Leser eigene, leider recht unzulängliche, Aufnahmen schickte.


Bei der ersten Meldung  muss irgendjemand irgendwo irgendetwas falsch abgeschrieben haben: "Judy Garland's neues Werk wurde von zahlreichen Kritikern besprochen, aber nur wenige nannten es obszön. Bostons Polizei hingegen stürmte eine Vorstellung ihrer Version von 'A Star Is Born', die Mitte Dezember im 'Gay Men's Center' stattfand ..." Schliesslich wurde der Musical-Film mit Judy Garland (Mutter von Liza Minelli) bereits 1954 uraufgeführt, und sie starb bereits im Juni 1969.

"Am 2. November 1975 wurde Pier Paolo Pasolini ermordet. Knapp ein halbes Jahr später beschlagnahmten Kripo-Beamte in der BRD alle Kopien seines letzten Werkes 'Salo, oder die 120 Tage von Sodom'. In Italien durfte der Film bislang auch nicht aufgeführt werden. Jetzt sitzt man in Saarbrücken wieder über das brutal erotische Werk, das die Unmenschlichkeit der Mächtigen zum Thema hat, zu Gericht ..." 

" ... 90 Prozent der Jungen, aber nur 40 Prozent der Mädchen haben mit 15 Jahren Masturbationserfahrungen... " 

"Einer der bekanntesten und aktuellsten Modeschöpfer in den Vereinigten Staaten - Rudi Gernreich - arbeitet seit kurzer Zeit auch für AH MEN, den modisch interessantesten Herrenmode-Versender in den USA. Er entwirft speziell Unterwäsche und Bademode ..."
Die hochwertigen AH MEN Kataloge und sexy Kollektionen sowie die Model-Auswahl waren (dezent) homoerotisch ausgerichtet. Mit weiblichen Models, die nur als Staffage dienten, versuchte man einen schwulen Eindruck zu verwischen.

Erster vorsichtiger Hinweis in DON auf "sexuelle Höhenflüge" durch/mit Poppers, "Nitropräparate, die gefässerweiternde Wirkungen haben ... in kleinen Mengen geschnüffelt sicherlich unschädlich ... "



"Margaret Costanza, eine führende Mitarbeiterin von Präsident Carter, traf Ende März mit Vertretern der amerikanischen Homophilen-Organisation National Gay Task Force zusammen. Der Chef-Sprecher des Präsidenten bezeichnete das Wochenendtreffen ... als eine Geisteshaltung, die künftig überall im Lande vorherschen solle. Und Jody Powell, Presse-Sekretär des Weissen hauses, ergänzte siesen Satz im CBS-Fernsehen mit dem Hinweis, dass die Repräsentanten all jener Gruppen, die sich ungerecht behandelt fühlten, bei den höchsten offiziellen Stellen des Staates vorstellig werden sollten: 'Wir werden für Abhilfe sorgen.'"

Mehr über Helmut (Kanzler der Herzen) Schmidts "Schwul, was ist das?"


Interessante, überwiegend negative Kritik (verfasst von mir) über Joachim S. Hohmanns (der Link führt zu DON 3/1977) >Homosexualität & Subkultur<, eines von vielen Hohmann-Werken mit schwuler Thematik, die im Wikipedia-Eintrag über den dort als heterosexuellen Familienvater dargestellten Hohmann, nicht aufgelistet werden.

" ... Ganz schlimm wird es jedoch, wenn der Autor eingangs erst gegen die Diskriminierung zu Felde zieht, um dann selbst in einer Art und Weise über die Minderheiten in der Minderheit herzuziehen, dass es den Betroffenen angst und bange werden kann. In den Kapiteln über Päderasten und ältere Homosexuelle beispielsweise gibt er sich wie ein verständnisvoller Heterosexueller, aber in der Wortwahl decouvriert er sein verständnis. >Päderasten wirken wie alte Knaben aus der bündischen Jugend, wie Pfadfinder, die, zittrig geworden, ihre Zeit um Jahre überzogen haben. In ihren Tornistern halten sie Peyrefittes 'Heimliche Freundschaften', einen mundgeblasenen Glaspenis und dergleichen Unerträglichkeiten mehr allzeit bereit ... Es sind der verkorkste Tattergreise zuviele ... "



Gerhard, 187cm, Lehrling aus München, mein allererstes Akt-Modell, 1975 oder 76 (mit Katze Minna als Beisitzerin), hier 'verarbeitet' zu einer vierseitigen bebilderten Kontaktanzeige.

Das Problem jener Zeit (bis hinein in die 80er) war, dass Fachlabore in München die Entwicklung und Vergrösserungen männlicher Nacktfotos ablehnten. Für solche Arbeiten musste man also entspr. eingerichtete Privatpersonen finden, die meist nicht die erwünschte fachliche Qualifikation boten.