Freitag, 27. April 2012

DON - The German Gay Magazine 1973 (Heft 9 bis 12)


DON 9/73 erscheint im September 1973.
Untertitel "Das grosse deutsche Magazin für Männer und ihre Freunde"
Herausgeber unverändert HF-Druck, wie DON 1/1973
Redaktionsleitung und Redaktionsanschrift wie DON 10/1972

Das Heft enthält, bei einem Gesamtumfang von 52 Seiten, 34 (zumeist ganzseitige) Fotoseiten (= 65%) plus 5 Geschichten.


Beckenbauer wird Filmstar (nachdem sein nacktes Konterfei Furore gemacht hatte)
Homosexueller hat Recht auf Intimsphäre
Jungenbordell in Puerto Rico (geschlossen)
Sexualmedizin: Homo ist 'in'
Homo und Watergate: zu blöd!
In England neben Callgirl- auch Callboy-Ring?
"unten-ohne"-Kellner in Honolulu/Hawai
Polanskis Genitalien aus purem Gold zum Verkauf



Autor dieser sog. Bleiwüste, d.h. aller drei Beiträge, ist Johannes Werres. Nur die Buchbesprechung ist gezeichnet von Hans Heinz Bär (= Johannes Werres)

Links. Buchbesprechung "Sexueller Lustgewinn" durch Onanie und andere Praktiken, vom Carl Stephenson Verlag, Flensburg (= Beate Uhse)
" ... dem (wohl heterosexuellen) Autor ist nicht recht klar, wieso es Homosexualität überhaupt gibt. Sonst hätte er wohl kaum in beiden Kapiteln [Lesbische Liebe und Männliche Homosexualität] die Frage gestellt, wieso es zu dieser (für ihn unverständlichen) Erscheinungsform sexuellen Verhaltens komme ... Indessen handelt es sich um Beate Uhses Hausverlag, und wenn ich den nicht besser kennte, könnte und müsste ich jetzt sehr ausfallend werden ..."

Und damit ist Johannes Werres endlich wieder bei seinem Leib- und Magenthema "vergleichende Verhaltensforschung" und deren Erfinder, seinem Auftraggeber Dr. Willhart Siegmar Schlegel.

Werres zweites Leib- und Magenthema handelt er im Beitrag "Über die Bisexualität" ab.

Und in dem dritten Beitrag "Nicht zu früh heiraten" informiert Werres schwerpunktmässig über die Heiratsfähigkeit heterosexueller Jugendlicher und - wie sollte es anders sein - über diesbezügliche Erkenntnisse des Dr. Willhart S. Schlegel.

Was die Diktion und Argumentation solcher Artikel im Fachblattstil in einem Magazin zu suchen hat, das doch eigentlich eine breite schwule Leserschaft erreichen soll, ist ebenso unerklärlich, wie die permanente Beschäftigung mit Bisexualität, Heterosexualität  und sog. Zwischenformen. Solche Manuskripte hätte ich mit dem Kommentar zurückgeschickt: "Thema verfehlt!"



"Wer von den herkömmlichen einschlägigen Lokalen bald die Nase voll hat, sollte sich einmal in die 'Spinne' wagen... " 
Interessant (für nachfolgende Generationen) die Bezeichnung 'einschlägige Lokale', die der Autor G.G. (Guy Gilbert = Günter Goebel) von der heterosexuellen Mediensprache übernommen hat. Die nämlich drückten sich um Worte wie Homo- oder Schwulenlokal herum. Da hiess es bspw. "Der Angeklagte verkehrt in einschlägigen Lokalen."

Im Jahr 1973 lebte ich bereits sechs (von insgesamt 28) Jahre in München und war zu der Zeit noch ein exzessiver Schwulenlokalbesucher. Will sagen, ich war - samt Freundes- und Bekanntenkreis - in allen angesagten Münchner Schwulenschuppen unterwegs, aber dass da Ringseisstrasse/Lindwurmstrasse eine 'Spinne' existiere, erfahre ich erst jetzt, 40 Jahre später, bei Durchsicht dieser alten DON-Ausgaben.


DON 10/73 erscheint im Oktober 1973.
Untertitel "Das grosse deutsche Magazin für Männer und ihre Freunde"
Herausgeber unverändert HF-Druck, wie DON 1/1973
Redaktionsleitung und Redaktionsanschrift wie DON 10/1972.


Die Geschichte (von Jürgen) über einen "führenden Modefotograf unseres Landes ... das breite Feld der Ponographie überliess er lieber seinen Kollegen von minderer Qualität, wie er hoch und heilig versicherte ..." Eigentlich wollte dieser Fotograf mit zwei Modellen nur "statuarische Aufnahmen schiessen". Aber dann kam alles ganz anders: "... Wieder griffen zwei Armpaare hart zu und vier stramme Schenkel verschränkten sich zu einem labyrinthhaften Knäuel ineinander ... Die statische Pose eines Kampfes verwandlete sich peu à peu in den stürmischen Dran der Dynamik ... Und erst der heisse Strahl zwischen den Oberschnekeln erlöste [ein Modell] aus dem sinnlichen Trauma... Ein wohltuender Schmerz in meiner Sitzregion liess mein Lächeln etwas krampfhaft wirken ... Meine Götterknaben, für diese wilde Szenerie bekommt ihr die doppelze Zulage ... Ihr Sportler seid doch eigenartige Menschen. Zunächst strebt ihr nach einem hohen Ideal ... und dann verfallt ihr sogleich euren latenten Trieben beim Anblick eine götterähnlichen Ebenbildes ..."



Einmal abgesehen von diesem über die Doppelseiten hingestreckten Knaben mit einer Art erotisch stöhnendem Gesichtsausdruck, dabei eine Zigarette rauchend (!), konstatiert man ab dieser und folgenden DON-Ausgaben erste Ansätze für eine bessere Fotoauswahl und Bilderrepro/druckqualität.


Diese Doppelseite ist ein typisches Beispiel dafür, wieviel "Mühe und Kreativität" in das Heft gesteckt wurde. Als es noch Bleisatz gab, nannte man so ein Layout 'Bleiwüste'. Alternativ wurden zwei ganzseitige Fotos nebeneinandergestellt oder - wie im nächsten Beispiel - Eine textvolle Seite plus ein ganzseitiges Bild.

Die Kirchen und unseres Probleme (die DON-Redaktion hilft 'Gläubigen in Seelennot).

Buchbesprechung von Hans Daniel (= Johannes Werres). In Wikipedia wird über den Autor der Gedichte "Hallelujas", Rolf Italiaander (1913-1991), Schriftsteller, Afrikaforscher, Autor für den schweizer 'Kreis', jeder Hinweis auf Homosexualität und dass er Vorkämpfer für die homosexuelle Emanzipation war, vermieden. Mehr über Italiaander: "Das Recht auf sich selbst"

Schwedens Kronprinz und seine Freunde. Spekulationen um Bisexualität. Wie man über Carl XVI. Gustav von Schweden, Sex-Partys, Fremdgehen, Unterwelt-Kontakte und Geliebte (siehe "Der widerwillige Monarch", ein Skandalbuch über Carl XVI.) heute weiss, war und ist der König ein exzessiver Womanizer.

Die Gruppen der DAH haben die Bisexuellen vergessen. "Der Praunheimfilm zeigte es mit aller Deutlichkeit, dies war nur die halbe Wirklichkeit der Homosexuellen. Und auch die sich jetzt in der DAH zusammenschliessenden homosexuellen Gruppen ... sie alle vergessen die Lesbierinnen und bisexuellen Frauen, die Pädophilen und deren minderjährige Partner, die Bisexuellen und verheirateten Homosexuellen ..." Mich würde nicht wundern, wenn manch einem der lesenden DON-Käufer dieses Werres-Dauer-Thema langsam zum Halse raushing.


Filmkurzbericht "Sheila", Report eines Transvestiten

Praunheims Film "Berliner Bettwurst". " ... Zu Beginn der anschliessenden Diskussion [erklärte] der Bühnenbildner des Films, Günther Lüdecke, er habe die eben gezeigte Fassung des Films jetzt erstmals gesehen. Der Streifen sei ein Betrug am Publikum, das für durchschnittlich 7 Mark Eintrittsgeld einen besseren Film hätte erwarten dürfen. Wir [wer ist das?] schliessen uns diesen Worten voll und ganz an. Ein Glück, dass die "Berliner Bettwurst" zur Berlinale 1973 nicht angenommen wurde."



DON 11/73 erscheint im November 1973.
Untertitel "Das grosse deutsche Magazin für Männer und ihre Freunde"
Herausgeber unverändert HF-Druck, wie DON 1/1973
Redaktionsleitung und Redaktionsanschrift wie DON 10/1972.


Norbert Weissenhagen = Johannes Werres, Autor des Beitrags, spekuliert über Spekulationen, die über diesen "tollpatschigen, irgendwo liebenswürdigen Kerl" Jürgen Neumann verbreitet werden und über die dunklen Geldquellen des rechtsnationalen Homosexuellen. Daneben eine Selbstdarstellung von Neumann, die er möglicherweise an DON schickte?

Der Berliner Wachmann Jürgen Neumann (*1945), der 1971 die (rechtsnationale) "Deutsche Homophile Organisation" (DHO) gründete, ist bereits bei DON 8/1973 erwähnt. Hier noch einmal der Verweis auf Schwule Rechtsradikale in Hamburg - Teil der Community?, ein spannender (allerdings sehr langer!) Aufsatz über schwule Nazis und rechtslastige und -radikale Homosexuelle in der BRD von Dr. Gottfried Lorenz.


Eine Ergäzung zum Thema Jürgen Neumann-NPD-Schwule erschien in in him/applaus (Jahr?) mit einer Art 'Neumann Reinwaschung'  durch einen gewissen 'Porzia


Diese Story von 'Philipp' (unbekannt) ist die erste in nun fast zwei Jahren Guy Gilbert = Günter Goebel als Herausgeber bzw. Redaktionsleiter, die ich lobenswert erwähnte: flockig-flotte, gekonnte Schreibe, eine lesenswerte, zudem amüsante Erzählung, die (ausnahmsweise) nicht von DONs schwulem Schmalz trieft.


Laienfotos von einem jungen Mannes mit eingedrückter Brust und flachem Hintern in jämmerlichen Posen, die - wie so viele Aktfotos im DON dieser Jahre - nur Kopfschütteln auslösen. Die ganzseitigen Bilder sind nahezu ohne jede Grauwertabstufung.


Tommys Brief-Box ist mein - Jens M. A. Reimer - erster Beitrag in DON. Alle darin behandelten Leserbriefe, -fragen und -probleme waren frei erfunden... und sind es auch in allen folgenden DON-Ausgaben.


Raum Nürnberg: Junger Boy, 21, 172 (siehe Foto), sucht Bekanntschaft mit verständnisvollem Girl.


Eine weitere von vielen DON-Kuriositäten: Die Einladung der homosexuellen "Männer und ihrer Freunde" (DON-Leser) zu einem Vortrag über Bisexualität. Zum Appetitmachen wird das Thema ("Langjährige DON-Leser wissen, dass wir uns ständig darum bemühen, sowohl wissenschaftlich wie auch praktisch zu diesem Thema jeweils neue Aspekte aufzuzeigen. Dabei kann es passieren, dass der eine oder andere schon einmal Gesagtes oder Gedrucktes nochmals vorgesetzt bekommt. Das lässt sich leiden nicht vermeiden.") auch an dieser Stelle breit ausgewalzt. Referent ist der in diesem Blog vielfach erwähnte Dr. Willhart Siegmar Schlegel. Initiator dürfte Johannes Werres (Kronberg bei Ffm.) gewesen sein, während Redaktionsleiter Guy Gilbert = Günter Goebel u.a. auch in Frankfurt/Main eine Wohnung hatte.
"Deshalb ist die Bisexualität eigentlich ein Thema, das die breite Masse angeht, und nicht nur einen kleinen esoterischen Kries - aber leider ist die noch nicht reif dafür."


DON 12/73 erscheint im Dezember 1973.
Untertitel "Das grosse deutsche Magazin für Männer und ihre Freunde"
Herausgeber unverändert HF-Druck, wie DON 1/1973
Redaktionsleitung und Redaktionsanschrift wie DON 10/1972.


"Die meisten Homosexuellen halten sich für männlich. Viele, die meisten, wollen einen richtigen Mann zum Freund haben... Er muss muskulös und kräftig sein, möglichst gross, er muss Mut haben und sicher auftreten. Er muss 'einen Grossen' besitzen ... Richtige Männer sind ganz anders. Richtige Männer sind do hart, kaltschnäuzig, eckig, ungehobelt, grob, sachlich, gefühllos, humorlos und uninteressiert am anderen, dass ein Homosexueller schon bald davonrennen würde ... Da mögen die versammelten Tucken in einer Bar ... wenn sich die Tür öffnet, ruhig rufen, sooft sie wollen: 'Endlich ein Mann!' Es bleibt ein Traum."
Schwule sind sauer über die dummenVerallgemeinerungen, die in Gesellschaft und Medien über sie herumschwirren. Der Autor Jochem Freimuth demonstriert hier, dass auch Schwule einen schweren Verallgemeinerungs-Dachschaden haben können.



Die Modelle damals und ihre Fotografen waren Laien. Zu jener Zeit Jungs und Männer zu finden, die sich für ein homosexuelles Magazin ablichten liessen, war ein Drama. Und dennoch: Sind Ihnen schon einmal die überwiegend ausdruckslosen, verkrampften bis peinlichen Gesichtsausdrücke der Modelle aufgefallen.


"Authentischer Bericht aus der Feder des Hinterbliebenenen", geschrieben allerdings von J.W. = Johannes Werres über die Ermordung eines Homosexuellen. "Manfred Geske, 41 Jahre alt, gelernter Kaufmann und heute in Stuttgart lebend, verlor am 26. Juli 1973 in Essen seinen langjährigen Freund Hans dadurch, dass dieser wahrscheinlich von einem Strichjungen ermordet wurde."


"Alle Jahre wieder". Den Autor Jack Argo = Johannes Werres machen das Weihnachtsgeschäft, das Weihnachtsschlemmen, weihnachtliche Rührseligkeiten und das Beschwören weihnachtlicher Gefühle beschören "aggresiv ... Der Kirche geht es um die Herrschaft Gottes, die Erlösung und um die Liebe, die als Auftrag an alle Menschen für alle gegeben wurde." Er wird richtig christmettenmässig pastoral und erklärt DON-Lesern das Christentum. "... Der Jesus Christus aus Nazareth, der einen Johannes zum Freund hatte, seine Jünger und Apostel liebte, regt mich eigentlich an seinem Geburtstag dazu an, der Freundschaft zu gedenken, die auch Liebe sein kann ..."




Autor des Beitrags "Den Homosexuellen gibt es nicht" ist F. Isenberger. Er handelt von den auch heute üblichen Verallgemeinerungen über Schwule. Obwohl Thema und Diktion von Johannes Werres stammen könnten, ist ein Isenberger bis zu diesem  Zeitpunkt meiner Recherchen noch nicht als Werres-Pseudonym aufgetaucht.


Der Beitrag oben "Den Homosexuellen gibt es nicht" von F. Isenberger, bei dem ich mit einer Zuordnung zu Johannes Werres zurückhalten bin. Autor der Geschichte - Eros in Uniform - ist nun wiederum ein L. Isenberger ... 


US-Männer-Magazine: Den Union-Versand, Bad Kreuznach, mit seinen breit gestreuten Kleinanzeigen, gibt es auch noch zum Erscheinungszeitpunkt dieses Posts. Der Sohn hatte den Laden vom Vater übernommen. Union verkauft(e) Hetero- und Homo-Erotik.

Der Becker-Versand, Nürnberg, seinerzeit branchenbekannt für den Vertrieb von sexuellen Anregungsmitteln, verkaufte darüber hinaus überwiegend Erotik für Heterosexuelle.

Die Express Flugreisen GmbH bietet in dieser halbseitigen - absolut unerotisch und ohne Bezug auf Homosexuelle - ausschliesslich Flugreisen von Frankfurt und Düsseldorf nach London an.


Ärzte gegen Vorurteile

Praunheim will heiraten."Evelyn Künnecke, die fast seine Mutter sein könnte"


QUICK's Sex-Paradies Butzbach. Die Rede ist vom Highlife in der Justizvollzugsanstalt gleichen Namens.

Dicke sind bessere Liebhaber. Eine Quelle (für diesen Quatsch) wird nicht genannt.

Massenmörder Corll "nicht typisch". Houston/USA: Der Mann hatte 27 männliche Jugendliche und Knaben umgebracht.

Auch im STERN Thema Sex im Gefägnis. BILD hatte behauptet, Hamburger Gefängnisinsassen bekämen zur sexuellen Abreaktion Liebespuppen.

GAY NEWS (= Johannes Werres) schrieb an BILD.

Toleranz allein reicht nicht aus. Thema: Fortschrittliche Katholiken.

DHO in Berlin aktiv. Zur DHO folgen noch in diesem Eintrag Erläuterungen.

Aussenseiter als Norm? Das Petrusblatt, Berlin, katholische Kirchenzeitung, sieht in der im TV-Programm immer öfter thematisierten Homosexualität Gefahren für die Gesamtgesellschaft.

Die grüne Insel "...lebt, sexuell gesehen, praktisch noch im Viktorianischen Zeitalter..."
[Persönliche Bemerkung ... aber aus katholisch-pädophiler Sicht in Sodom und Gomorrha, wie sich Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts dann endlich herausstellte]

Kurzfristig abgesetzt ... im französischen Fernsehen "Heimliche Freundschaften" (1964 gedreht, nach einem Roman von Roger Peyrefitte)

Homosexuelle helfen sich selbst. Selbstverteidigungskurse in San Francisco.

Bisexualität: Verstoss gegen Treue! "...homosexuelles Verhalten in der Ehe verstosse gegen das Gebot ehelicher Treue ..."