Montag, 29. Juli 2013

DON - The German Gay Magazine 1980 (Hefte 1, 2, 3). Gerd Talis übernimmt die Redaktion.


Der neue DON-Redakteur, Gerd Talis (= Gerhard Friede) (siehe auch gay journal) soll neben dem Aufbau des Gesamtinhalts sowie eigenen Beiträgen auch den Heft-Umbruch/Layout und die Foto-Auswahl übernehmen, ferner Autoren und Fotografen pflegen und gewinnen..

Bei Talis DON-Start, der nach den Vorstellungen und Wünschen des Verlegers Henry Ferling ein fliessender Übergang - und kein Neuanfang - sein soll, ist bemerkenswert, dass der neue Redakteur mit kaum einem DON-Autor und DON beliefernden Fotografen zusammenarbeiten wird.

DON 1/1980 erscheint im Januar 1980. Die Aufzählung der 'Redaktionsmitarbeiter' ist (ausser Urs Kent **) frei erfunden.

DON-Verlag Henry Ferling. Herausgeber Henry Ferling, Darmstadt. Redaktionsleitung Gerd Talis. DON-Redaktion: Dreikönigstrasse 2, 6900 Heidelberg. Ständige Redaktionsmitarbeiter: Jens Reimer, Andy Müller,  Urs Kent **, Tommy Brauner (= Pseudonym für Jens Reimer) und Stefan Troßbach.

** Urs Kent ist eines der zahlreichen Pseudonyme von Johannes Werres

Sofort wird wieder die alte DON-Masche praktiziert, fehlenden Inhalt durch mehr oder weniger schlichte, schwüle und schwafelige Homo-Geschichten zu ersetzen - in dieser Ausgabe sind es bereits 3 Stories, in den Ausgaben der nächsten Jahre sind es im Durchschnitt 5 Homogeschichten. Und sofort wieder - in fast jeder Ausgabe - mit dabei, der Homo-Lore-Roman-Schreiber Walter Hilbrecht, den ich mit Müh und Not aus DON verbannt hatte, nachdem ich Verleger Ferling um ein Hilbrecht-Finale geradezu angefleht hatte.

Das von dem Grafik-Laien Gerd Talis verantwortete Layout entwickelt sich schnell wieder in die optische Richtung eines Krankenkassenmitteilungsblattes.


" ... wollen Sie sicher wissen, wer hier der für DON neue Gesprächspartner ist ... Wie kam es zum 'Kopfwechsel', wer ist der Neue ... ? ... Vor zeh  Jahren arbeitete ich als Südeuropa-Korrespondent für Presse und Rundfunk in Spanien, als ich u.a. von dem mir bis dahin unbekannten 'Nachseptember-Magazin' [= DU & ICH] um einen Bericht über 'Warme Orte an Europas Südküste' gebeten wurde. Bei nächster gelegenheit schaute ich mir die Redaktion davon in Deutschland an - um bald darauf mit dem gesamten Team nach Köln überzusiedeln; wir bereiteten von dort aus die Fortführung eines Magazins vor, das den Namen 'Sonny' trug. 'Sonny' aber ist der Vorgänger Ihres DON ... Mir persönlich ging es damals jedoch um etwas anderes: Die Homosexuellen in Deutschland sollten durch ein Nachrichtenblatt regelmässig über emanzipatorische Vorgänge in aller Welt unterrichtet, dadurch den sogenannten Heterosexuellen gleichzeitig die Furcht vor der (eigenen) Homosexualität genommen werden: 1972 entstand das Monatsblatt 'Gay Journal' ... Gewisse Schwierigkeiten aber, die gerade durch die Doppel-Redaktion entstehen, wollen wir nicht verschweigen ... Womit wir beim Programm wären. Wir möchten DON zu einem wirklichen Forum der Homosexuellen machen ... Tausend Dinge bewegen uns, mit denen keiner alleine fertig wird. Artikulieren wir uns also, kommen wir zum Gespräch! Im DON. Wir brauchen diese 'Arbeit an uns' ... Ihr Gerd Talis"


" ... Die Woge, die derzeit im Westen der USA entsteht, bedeutet uns nichts Gutes. Gemeint ist die zunehmend an Bedeutung gewinnende homosexuellenfeindliche Einstellung breiter amerikanischer gesellschaftsschichten, an der die Gays dort selber schuld sind. Denn sie haben - wie unser gerade aus San Francisco zurückgekehrter Mitarbeiter Wolfgang Malade betroffen feststellt, zu früh zu hoch gereizt. Ist schon eine gewisse Art homosexueller Selbstdarstellung, auf Demonstrationen etwa, peinlich, so wird den Nicht-Gays in den Homozentren Kaliforniens die umsichgreifende 'Verschwulisierung' allmählich unerträglich ... Nach dem amerikanischen Vorbild der Harlem- und China-Towns haben sich auch ganze Schwulen-Städte und Stadtviertel gebildet. Lokalisierbar dort nimmt jetzt Mord und Totschlag rasant zu ... "


"Die Briefberge zu den von DON aufgegriffenen Fragen nach der Legalität gewisser behördlicher Massnahmen gegen Homosexuelle nehmen zu. Erfreulicherweise ist festzustellen, dass es bei den Untersuchungen der 'Listen von Loch Ness' oder der Kripo als 'Stammgast in Homokneipen' nicht bei DON-Aktivitäten blieb. DON-Leser, Landtags- und Bundestagsabgeordnete haben sich dieser Themen angenommen. Einige DON-Leser wurden selbst mit Datenproblemen konfrontiert ... So entstand ein ganzes Netz von brieflichem Hin und Her - nur herausgekommen ist dabei (noch) nicht viel .... "

Antwort der Gesellschaft für Datenschutz und Datensicherung e.V., Bonn
Antwort des Innenminsterium Baden-Württemberg
Antwort des Senators für Inneres der Freien Hansestadt Bremen in Sachen Lokal 'Bienenkorb'


DON 2/1980 erscheint im Februar 1980. Die Redaktion unter der Leitung von Gerd Talis (= gerhard Friede) befindet sich in Heidelberg.

Diese Ausgabe enthält bereits wieder fünf Homo-Geschichten.


Collage zum Fasching 'Geht doch mal als...'


Zum Titelthema 'Bei uns ist immer Karneval'
"Wo immer auf diesem Planeten Menschen närrische Feste feiern, mischt sich in den Mummenschanz der bunten Zelte und Wagen, der lockenden Karussells und Schaubuden der epikureische Lebenswille der Jugend ... So ist auch hier zum Karneval vieles erlaubt, was sonst dem strengen Verdikt des Biedermanns zum Opfer fiele ... "


Ob "Das nachstehende Protokoll" echt ** oder eine Parodie ist, ist 33 Jahre später nicht mehr festzustellen... "entnahmen wir den Akten des Kleingärtnervereins Köln-Wahn e.V. betreffend die sog. 'Detlev-Affaire'. Einheimische werden sich erinnern, welches Rauschen sie letztes Jahr im Wald der Boulevardblätter hervorrief, beweist dieser Skandal doch u.a. auch, wie rasch Spass in Ernst umschlagen kann, und dass man es mit dem Humor nicht so wörtlich nehmen darf, wenn die Bundesrepublik gerade ihre 'Tollen Tage' hat."

** Anfangs werden Klarnamen und eine Kölner Adresse genannt, ferner der 'Kleingärtnerverein Köln-Wahn e.V.' und der 'Kappesköpp e.V.'

Es fällt auf, dass sich die neue Redaktion in Sachen Aktfotos wieder aus den DON-Kisten mit uralten, bereits mehrfach veröffentlichter und abgelegter Fotos bedient - z.B. die beiden Sofa-Knaben von TOM men’s shop, Zürich, (der Link führt zu Details über Thomas Wetzel in DON 4/1978) aus dem Jahr 1975.



DON 3/1980 erscheint im März 1980. Die Redaktion unter der Leitung von Gerd Talis (siehe auch gay journal) befindet sich in Heidelberg.

Auch diese Ausgabe enthält wieder fünf Homo-Geschichten.


"Wir wollen uns nichts vormachen, lieber Leser: Wir haben uns in zehn Jahren sogenannter homophiler Emanzipation ganz schön an die Bequemlichkeit gewöhnt. Es wurde genascht, wo es etwas zu naschen gab. Jeder hat versucht, etwas von 'seinem Recht' zu bekommen. Man tat nichts dafür, man liess es sich servieren. Servieren von einem Staat, einer gesellschaft - von einem imaginären Gegenüber, das man auf Schritt und Tritt dabei ertappt, wie es wieder Gemeines, Hinterhältiges gegen die homosexuelle 'Minderheit' ausheckt und ausführt. Trotz dieser Steine ... über die man ... mit Gepolter stolpert, hängt man ... an dem Tropf, dessen Inhalt mit dem Schlagwort 'Liberalisierung' nezeichnet ist ... man konsumiert ... passt man sich dem allgemeinen Trend doch lieber an. Dem Trend der Konsum-Gesellschaft. Da wird der Partner zur Wegwerfware, man rafft, will immer mehr ... "


Zur Ankündigung auf dem Titel "Klasse-Stories": Es setzt nun wieder das ein, was ich in meinen vier DON-Jahren mit Müh' und Not beendet hatte: Noch freie Seiten werden mit Homo-Geschichten aufgefüllt (hier von Peter Sterr). Das steigert sich in Talis-Zeiten von Jahr zu Jahr.


"Die Allgemeine Homosexuelle Arbeitsgemeinschaft (AHA, gegründet 1974 in West-Berlin) organisiert ein Diskussionsforum zur Bundestagswahl und ruft dafür die Schwulen zur Zusammenarbeit auf ... " Am 12. Juli 1980 sollen in der Bonner Beethovenhalle >die Parteien auf dem Prüfstand< stehen. Die AHA erwartet dazu Anregungen, Vorschläge und Initiativen aus dem ganzen Bundesgebiet ... "Sektiererisches Einzelkämpfertum kann auf die Dauer nicht erfolgreich sein."
(Bundestagswahl am 5.10.1980 mit CDU-CSU-Kanzlerkandidat Franz-Josef Strauß)

Don-Dikussion:  " ... dass man in der Bundesrepublik mit ca. 3 Millionen ausschliesslich homosexuell Orientierten rechnet. Einige Zehntausend kaufen Magazine der Homo-Presse. Sie gehören dazu ... Aber gehören Sie auch zu einer Schwulen-Gruppe? Schreiben Sie ... warum Sie bei solch einer Gruppe mitmachen, warum Sie sich fernhalten, solche Gruppen gar ablehnen ... "
Es folgen erste Leserbeiträge.


"Tunten spielen sich nach vorn. Wer den Film des WDR über die IHB gesehen hat, wer Augenzeuge des Homoluluspektakels auf Rankfurts Strassen war, wer sieht, wie sich vor allem in den Homo-Gruppen ... die Tunten nach vorn spielen, dem wird angst und bange um die Zukunft der gesamten 'Minorität' ... dass der Eindruck entsteht, die Homosexuellen bestehn nur aus Tunten ... dieses Bild vom Homosexuellen erzeugt in den breiten Massen einen falschen Eindruck und kann verheerende Folgen für uns alle haben. Den Warnern, wie mir uns meinen Freunden, wird von den Tunten ungerechterweise Tuntenhass vorgeworfen ... "

Mit Mitarbeiter/Autorennamen wie Wolfgang Malade (1/1980) oder Peter Sterr und Hans Daniel (3/1980) kann ich bis heute nichts anfangen.