Freitag, 3. Februar 2012

DON - The German Gay Magazine 1971 (Hefte 1 bis 3/4)


DON 1/71 erscheint im Januar 1971 - weiter im Kölner Ilion-Verlag GmbH - Chefredakteur bleibt Gerhard R. August.

Die Titelbilder der Jahrgänge 1970 und 71 sind professionell und zielgruppenadäquat ausgesucht, bzw. (folgend) grafisch interessant gestaltet. Bemerkenswert ist das deshalb, weil ab 1972 die Titelbildqualität und damit das äussere Erscheinungsbild des Magazins extrem abfällt.


Noch erscheinen keine Aktfotos. Die Bildkommentare sind verschämt zweideutig formuliert.


Ob Namens- und vor allen Dingen die Berufsangabe des Autors - Studienrat Dr. Ernst Lange - echt sind, scheint mir im Jahre Eins nach der ersten halbherzigen Reform des §175 ziemlich fragwürdig - ist jedoch nicht mehr zu klären.  

"Jahrhundertelang tobte der erbitterte Kampf des Christentums gegen den Eros" ** beginnt die kritische Auseinandersetzung, endet dann jedoch in pastoralem Salbadern: "Die Erotik muss wieder Teil der menschlichen Ganzheitsstruktur werden, transponiert in religiöse Kategorien, in der Erlösung und Schöpfung mit einander in Einklang stehen, eimündend in das elementare Sein: Die Liebe."

** Anmerkung: tatsächlich tobte - und tobt immer noch - das Christentum gegen jegliche Form menschlicher Sexualität


Auch die aus Heft 12/70 fortgesetzte schwule Comic-Story "Donnie & Mike" (Aufstieg und Fall des Knaben Donnie) traut sich noch keine Frontalnacktheit zu. Nur die verstärkt skizzierten Hosenbeulen signalisieren, worum es tatsächlich geht.


"Homophil gleich geisteskrank?" ist der erste engagiert kritische Beitrag in DON zum Thema Homosexualität. Bei den (kommentarlosen) Aufnahmen zu "Gay Liberation" handelt es sich um Szenen von Schwulen-Demonstrationen in den USA (vgl. DON 5/70)


DON 2/71 erscheint im Februar 1971 - Ilion-Verlag GmbH, Köln - Chefredakteur Gerhard R. August.


Erste Versandhändleranzeigen, die Nackedeibilder und -heftchen anbieten (Apollo Versand, Hamburg, Solo Versand, Berlin). In allen Homo-Publikationen der 70er bis 90er Jahre zählen solche Versender zu den wichtigsten Anzeigenkunden.


Beate Uhse (1919-2001) hatte bereits 1951 mit vier Angestellten das „Versandhaus Beate Uhse“ gegründet, das Kondome und Bücher zum Thema „Ehehygiene“ anbot. Der Prospektausschnitt des Jahres 1971 (inkl. "Herren-Vibrator") deutet an, dass sich die Uhse beizeiten auch für das schwule Käuferpotential interessierte. Für die ersten (seinerzeit heiss begehrten) Männer-Aktbildbände "Nackter Apoll" und "Söhne der Sonne" standen ihre Söhne Klaus und Ulrich sowie Stiefsohn Dirk Rotermund Modell.

Mit speziellen Katalogseiten und speziellen Abteilen in den Sex-Shops versuchte Beate Uhse immer wieder auch Homosexuelle als Kunden zu gewinnen, was jedoch nie wirklich funktionierte, während ihr Stiefsohn Dirk Rotermund mit seiner Sex-Firma Orion 1998 den schwulen Top-Versand (Karlsfeld b. München) übernahm, der jedoch bereits 2005 geschlossen und 2007 liquidiert wurde.


"...in den drei Tagen können Sie sich alles erlauben ... Karneval war und ist das Knutsch- und Bumsfestival des moralischen Abendlandes ... die 'normalsten' Männer laufen im Fummel herum und niemals sonst siehtr man so viel süsse Knaben, deren nackte Beine aus superkurzen Miniröckchen hervorgucken ... Übrigens, wenn Sie auf Ausländer stehen, fahren Sie am besten zum Meenzer Karneval..."

Die Leser der ersten DON-Jahrgänge werden grundsätzlich mit 'Sie' angesprochen.


Noch immer kein Frontalakt. Dafür den durch und durch heterosexuellen 'Lederkerl' Mario Adorf in seiner Rolle als 'Dandy' in der Komödie "Die Herren mit der weissen Weste".


DON 3-4/71 erscheint im April 1971. Es ist die letzte Ausgabe der Ilion-Verlag GmbH, Köln, unter Chefredakteur Gerhard R. August. Bis zum Wiedererscheinen im Januar 1972 vergehen 8 Monate.


"Seriöser älterer Herr sucht netten Freund bis 23 Jahre... Wer möchte verwöhnt werden und braucht finanzielle Hilfe für die Berufsausbildung (Studium)? D 344"

DON entdeckt die schwulen Kontaktanzeigen, anfangs noch kostenlos, die zu diesem Zeitpunkt längst schon in einigen heterosexuellen Publikationen - z.B. St. Pauli Nachrichten (seit 1968) - gang und gäbe waren.


"Kein Geheimdienst kann auf sie verzichten, und keiner tut es. Sie sind klug wie die Schlangen, geborene Schauspieler, Intriganten par excellence, gefeit gegen weibliche Reize, voller List und Tücke, misstrauisch und feindlich gegen ihre normale Umwelt, besser organisiert als die Freimaurer und Schlüsselfiguren in Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Kunst!" So charakterisierte Ostdeutschlands Spionagechef General Markus Wolf die Homosexuellen..."

Dieser dummdreisten  Anhäufung von Homo-Klischees folgt dann eine Story über Kim Philby, der 30 Jahre lang zugleich als britischer Geheimagent und sowjetischer Spion agierte - allerdings nicht im geringsten schwul war.


Dieser Beitrag nimmt die 1972 in München stattfindenden Olympischen Sommerspiele auf die schwule Schippe. Es ist das erste Mal in DON, dass ein bedeutendes heterosexuelles Ereignis schwul-ironisch persifliert wird.


Diese Doppelseite ist vermutlich einer jener Versuche, Anzeigenfülle zu demonstrieren, um Firmen u.ä. zum Inserieren zu animieren:

Der DON-Verlag versucht sich mit einem schwulen Reisedienst und sucht Foto-Modelle ("wenn sie gut aussehen, jung, männlich und sexy sind"), eine "Interessenvereinigung Deutscher Homophiler" ("nur gemeinsam können wir unsere Ziele erreichen") sucht Mitglieder, "Hermes" und "Agentur-Köpke" aus Berlin sowie der "euro-club-saarbrücken" vermitteln Schwulenkontakte, und "Mike Iversen" aus Dänemark bietet u.a. die "Fotoserie Lehrer mit 2 Schülern, 11 und 12 Jahre" für damals satte 20 DM.


Gedichte (linke Seite) erscheinen in jeder DON-Ausgabe.

Den ersten neun - grafisch liebevoll gestalteten - Ausgaben mangelt es nahezu ganz an Aktualität und hilfreichen Informationen für Schwule. Anstelledessen werden drei Themen (nach bzw. aus entsprechenden Büchern) über mehrere Ausgaben breit ausgewalzt: Die Geschichte der erotischen Kunst, Probleme der Pubertät und - mit Schwerpunkt auf Heterosexualität - "So trieb man's damals".

Zwischen Mai und Dezember 1971 erscheint keine DON-Ausgabe mehr. Unbekannt ist, ob der Kölner Ilion-Verlag das Objekt (gewinnbringend) veräusserte oder pleite machte.