Dienstag, 31. Juli 2012

DON - The German Gay Magazine 1975 (Heft 11 bis 12)


DON 11/75 erscheint im November 1975.
Untertitel "Das grosse deutsche Magazin für Männer und ihre Freunde"
Verleger ist Henry Ferling, Darmstadt. Entspricht HF-Druck, siehe DON 1/1973
Bild, Anzeigen, Leserbetreuung und Text wie DON 4/1975

Das Heft enthält nur noch 2 Seiten Kontaktanzeigen.


"Liebe DON-Leser! Vergangene Woche sassen wir ... im Hausgarten unseres Verlegers beisammen, sieben Mann hoch, das ganze Redaktionsteam. Wir sollten mal nach den guten Verkaufssteigerungsraten von DON Bilanz ziehen und diskutieren, wie wir weiter machen. Offenbar ist der Durchbruch gelungen, DON vom Image eines "konservativen" Blattes zu befreien, das uns wohl jahrelang anhaftete. Wir meinen, frischer, freier, aktueller geworden zu sein und bei den Bildmodellen eine glückliche Hand bewiesen zu haben. Die Leserpost ist zu einem noch nie dagewesenen Prozentsatz zustimmend positiv und lobend. Das macht natürlich Spass und spornt an. Es ging dann weiter darum, wie man am besten auf diesem Wege fortfährt. Neue Konzepte wurden besprochen, neue Ideen durchdiskutiert, Anregungen von Ihnen erörtert ...
Übrigens haben wir uns auch ein wenig Selbstlob gegönnt über die Idee, im Mai unseren ersten REISE-DON als Sondernummer herausgebracht zu haben, der sich als grosser Schlager erwiesen hat und uns ermutigte, jetzt eine zweite Nummer anzubieten ... Wir waren die ersten, die den Mut für eine solche Sache aufbrachten.
Wenn wir jetzt darüber nachdenken, wie DON einmal war, wenn wir alte Ausgaben zur Hand nehmen - dann meinen wir, Sie sollten mal einen Freund, der aus verstaubtem Urteil DON als "konservativ" oder als "Gartenlaube unter den Monatszeitschriften" bezeichnet, einige neue Ausgaben zeigen. Denn sicher wollen Sie sich doch nicht als unkritischen Allerweltstyp einstufen lassen, weil Ihnen DON gefällt ..."
Es grüsst Sie herzlich Ihr Guy Gilbert

* Bei allem Respekt, aber so etwas zu schreiben war "Redaktionsleiter" Guy Gilbert = Günter Goebel weit überfordert. Der Text stammt von Verleger  Henry Ferling.

* Tatsächlich fand dieses (übrigens erstes und letztes) Treffen (dieser Art) nicht "vergangene Woche", sondern am 14. August 1975 statt. Ich war (auf eigene Kosten) nach Frankfurt/M. geflogen - entgegen dem Rat meines Arztes (und trat deshalb erst am folgenden Montag den dringenden Krankenhausaufenthalt an). Wer diese "sieben Mann" waren, erinnere ich nicht mehr. Das DON-"Redaktionsteam" war ja nur ein Fantasiegebilde.

* Schon zwei Jahre zuvor hatte DER SPIEGEL geschrieben: "... Die Spannung zwischen missionarischem Selbstverständnis der Redaktion und roten Zahlen im Verlag spiegelt sich in den Homo-Heften wieder: Mal ähneln sie dänischer Porno-Produktion, mal deutscher Gartenlaube. Und der ewige Streit, ob es tunlicher sei, sich der Gesellschaft anzupassen oder ihr zu trotzen, führt zu permanentem Eiertanz der Redaktionen ..." Der spannende (!) Artikel "Homosexuelle - Befreit - aber geächtet", SPIEGEL-Titel 11/1973 - Bekennt, dass ihr anders seid - ist im Internet abrufbar. Mehr dazu auch hier, beim Vorwort von DON 5/1973.

Während den Verleger Ferling, der DON Anfang 1972 übernommen hatte, vier Jahre lang weder Inhalt, noch "Richtung" des Magazins besonders interessierten, war dem "Redakteur" Guy Gilbert = Günter Goebel sowie allen anderen der Textteil schnurzpiepegal, Hauptsache man konnte das Bilderheft mit ein paar Buchstaben auffüllen. Das besorgte - nachhaltig imagebildend, eifrigst und von niemandem beeinträchtigt - der hier im Blog immer wieder erwähnte rechtskonservative Johannes Werres (u.a. unter einer Vielzahl von Pseudonymen). Über viele Monate hinweg hatte ich Henry Ferling immer wieder beschworen, auf diesen Autor weitgehendst zu verzichten.

* Ich wiederhole mich: Die beiden Sonderausgaben >Reise-Tipps für Homo-Trips< wurden, auf Wunsch des Verlegers Henry Ferling, komplett von mir geschrieben und gestaltet ... allerdings hatte ich mir mehr als 90% (!) der beschriebenen Reiseziele durch Berge von Reiseführern, Bildbänden und Reisemagazinen angelesen - - - d.h. die hatte ich nie zuvor besucht!!!

* "Neue Konzepte wurden besprochen" ist eine sehr ambitionierte, um nicht zu sagen amüsante Bemerkung: Bis zu diesem Sommertag im Jahre 1975 hatte es nämlich nie ein DON-Konzept (o.ä.) gegeben.  ...



Keine Ahnung, wessen Pseudonym Georg Gay ist.
"Viermal, so berichtet der SPIEGEL (33/75), wurde ein junger Mann zu Haftstrafen verurteilt, weil er etwas mit minderjährigen Jungen hatte. Danach versuchten Psychiater seinen Sexualtrieb umzuleiten. Als auch das nicht den gewünschten 'Erfolg' brachte, kam er auf den Tisch: mittels Stromstoss wurde ein Stückchen seines Gehirns zerstört. Die 'Heilung' besteht darin, dass der Sexualtrieb stark gedämpft wird, die homosexuelle Ausrichtung bleibt unverändert, der junge Mann kann sie nur nicht mehr ausleben. Er ist ein Wrack.
Jemand, der sich besonders auf dem Felde der Gehirnchirurgie hervortut, ist der Göttinger Professor Fritz Douglas Roeder. Er hält Homosexualität nach wie vor für eine Krankheit ... und behandelt vor allem Homosexuelle, die unter ihrem Triebleben 'leiden und deshalb beim Arzt Hilfe suchen' und 'deren Verhalten sich nicht mehr mit der Ausübung ihres Berufes und mit ihren Aufgaben in der gemeinschaft vereinbaren lässt' (Roeder lt. SPIEGEL) ..."

Mehr über den Neurochirurg Fritz Douglas Roeder, der mit der sog. 'Schmorsonde' Sexualtäter und Homosexuelle 'kurierte', ist in SPIEGEL 18/1980 nachzulesen.


Briefkastenonkel Tommy (Brauner) = Jens M. A. Reimer. Während der Verleger Ferling und ich bereits die Worte homosexuell bzw. Homosexueller verwendeten, bleibt Johannes Werres - hier im letzten Absatz von Gay News Germany - unverrückbar bei homophil. Unter Freunden, in schwulen Bars und Kneipen sprach damals kein Mensch von Homophilen.

"Die Haarlemer Sittenpolizei hat den 37jährigen Joop L. M. de K. festgenommen. Ihm wird vorgeworfen, in seinem Haus am Haarlemse Herensingel 157 eine grosse Anzahl minderjähriger Jugendlicher zur Prostition gezwungen zu haben ... Er bot ihnen Taschengeldaufbesserung, in Wiklichkeit verdienten die Jungen ... zwischen 300 und 400 Gulden pro Mal; einen grossen Teil davon steckte Joop in seine Tasche ... Er liess von den Schäferstündchen Fotos anfertigen ... damit bedrohte und erpresste er seine minderjährigen Zwangsstricher ..."


Für Deutschland, nehme ich an, dürfte das die Premiere für schwule Kreuzfahrten gewesen sein. Der Anzeigentext ist so seriös formuliert, dass er für jede Hetero-Kreuzfahrt hätte werben können.


DON 12/75 erscheint im Dezember 1975.
Untertitel "Das grosse deutsche Magazin für Männer und ihre Freunde"
Verleger ist Henry Ferling, Darmstadt. Entspricht HF-Druck, siehe DON 1/1973
NEU > Redaktion: Guy Gilbert (= Günter Goebel), Frankfurt/Main und Jens M. A. Reimer, München. Bildredaktion: Hans John (= Hans Möstl). Leserbetreuung: Tommy Brauner (= Jens M. A. Reimer). Anzeigen: Hilde Malzbender (die existierte tatsächlich in Darmstadt)


Mein erstes Vorwort in DON, in dem ich mit dem Aufruf zum Organspende-Ausweis bewusst einen anderen Akzent setzen wollte. Im Nachhinein jedoch wird mir bewusst, dass ich mich damit um alle wirklich wichtigen Themen, die Schwulen damals noch heftig unter den Nägeln brannten  - Emanzipation, Diskriminierung, Selbstbewusstsein, Coming Out usw. - herumgedrückt habe. Die Notwendigkeit diese Probleme gerade in einem Magazin für Schwule zu behandeln, war in meinem Denken noch längst nicht angekommen.


Bildreihe von links: Günter Goebel, Jens M. A. Reimer, Hans/Johann Möstl.
In dieser Dezember-Ausgabe bestreite ich - inkl. der Geschichte "Auf Mutters Matratze" [mein erstes (sehr unerfreuliches) schwules Sexerlebnis] - bereits über die Hälfte des Textbeiträge ... u.a. den Organspendeaufruf (unter den Portraits), Tommy's Tipps und Tricks, Weihnachtsbasar ...