Freitag, 7. März 2014

DON - The German Gay Magazine 1983 (Heft 8).


DON 8/1983 erscheint im August 1983. Der Verlag Henry Ferling in Darmstadt ist wieder die für alles zuständige Anschrift. Den Inhalt gestaltet ein "Autorenteam".

Illustation der Titelseite: Roger Payne 


Zu DER SPIEGEL: Tödliche Seuche AIDS, die rätselhafte Krankheit

">Der homosexuellen Emanzipation schweren Schaden zugefügt< ... Anstelle sich mit den Tatsachen, dem tödlichen Problem und den eigenen Unzulänglichkeiten auseinanderzusetzen, geht ein Aufschrei durch die schwule Branche. Diskriminierung! Sensationslüstern! Diffamierung! Die beiden letzten Ausdrücke stammen aus DU & ICH, das am lautesten protestiert. Anstelle seinen Lesern eine sachlich-kritische Analyse des SPIEGEL-Artikels anzubieten ... Viertens: Der AIDS-Artikel hat ein entsetzliches Problem in die öffentliche Diskussion katapultiert, das vorher nur unter der Hand gehandelt wurde und nicht einmal den Verantwortlichen Kopfzerbrechen machte ... "


Gute Wünsche aus Stäfa am Zürichsee
Der erste Leserbrief, links oben, stammt von Alexander Ziegler, der "die neue redaktionelle Gestaltung" und "die "vortrefflich aufeinander abgestimmte Kombination der Inhaltsthemen" begrüsst und sich auch sonst positiv-kritisch mit dem neuen DON-Konzept auseinandersetzt.
       Dieser Leserbrief wäre so natürlich nie geschrieben worden, hätte Ziegler gewusst, dass Inhalt und Optik des total 'überholten' DON von einem gewissen Jens M. A. Reimer stammten.

Drei empörte Leserbriefe (Soviel Fäkaliendeutsch ... Davon geht die Welt nicht unter ... Glatter Hohn) gehen mit Sprache, Stil und mehreren Beiträgen des 'neuen' DON auf's Heftigste ins Gericht. Ich weiss nicht recht, ob die Verfasser diese Briefe auch dann geschrieben hätten, wenn sie gewusst hätten, welchen Gefallen sie mir damit bereitet haben: Denn Zündstoff sollte DON nicht nur (wieder) inhaltlich bieten; Zunder von Lesern machte (endlich) auch die Leserbriefe zur spannenden Lektüre.


Vorbemerkung: 1983 ist Polen (noch) kommunistisch. 1980 gründet sich die Gewerkschaft Solidarność. Von 1981 bis 1983 herrscht in Polen Kriegsrecht!

"Der 'Triumphzug' von Johannes Paul II. durch Polen war überwältigend. Die Auftritte dieses lieben, strahlenden Wojtyla fordern Sympathie heraus. Von jedermann. Aber Vorsicht! Hier geht es um Macht und Einfluss der katholischen Kirche. Und um einen reaktionären Papst, der unter anderem auch gegen Homosexualität zu Felde zieht ... Und hatte sich die katholische Kirche in den letzten Jahrzehnten noch so einigermassen zurückgehalten, wenn es um Homosexuelle und Schwule ging, so ist es ausgerechnet dieser Johannes Paul II., der das christliche Prinzip der Homophobie mit Nachdruck wieder auspackt und, wo immer er ausreichend Öffentlichkeit hat, den Gläubigen vorbetet. Am liebsten ... auf seinen weltweiten Tourneen, denn da ist ihm grösstmögliche Resonanz gewiss ... "



Lederfans werden vor "übelsten Folgen" - gesundheitlichen Risiken - bei Verwendung von imprägnierenden Ledersprays gewarnt (Bundesgesundheitsamt).

Die pro-familia-Einrichtung "in Emden übernimmt nun auch Beratungen in Fragen Homosexualität ... Damit wurde dem Umstand Rechnung getragen, dass - nach Erkenntnissen der pro-familia - mindestens 46 Prozent der Bevölkerung ... Erfahrungen mit der Homosexualität machen ... "

Margaret Thatcher, 1925-2013, 1979-1990 Premierministerin des Vereinigten Königreichs, führte nicht nur auf den Falkland-Inseln Krieg ... " ... denn die 'Eiserne Lady' und ihr Regiment führen schon seit Jahren einen noch ganz anderen Feldzug. Den gegen die homosexuellen Briten. Es wurde mit eiserner Hand unter den schwulen Publikationen des Inselreiches aufgeräumt. Schwule Treffpunkte jeglicher Art werden ... regelmässig durchkämmt, erkannte und entdeckte homosexuelle Besucher der Insel werden unnachgiebig aufs europäische Festland zurückbefördert. Callboys und Strichjungen werden wie Freiwild verfolgt ... "


Bonn will mit schwulen Nazi-Opfern nichts zu tun haben. "Mit Homosexuellen könnte man sich zu leicht lächerlich machen, wenn es um so ernste Themen wie 'Die Deutschen und der Nationalsozialismus' geht. Dass die Verantwortlichen der Stadt Bonn und dortige kirchliche Behörden so denken, kritisiert die HAB in einem Flugblatt von Werner Janik ... " (der die Verantwortlichen entlarvende Text ist in Gänze hier abgedruckt)

Bremer Schwulen-Festival. "Das 'Bremer Blatt' spricht von einem Feuerwerk von Veranstaltungen zur Homosexualität und Bisexualität, das in der Zeit vom 16. bis 22. September im Schlachthof stattfinden wird ... "

NEUE REVUE. " ... Um so erfreulicher nehmen sich dagegen gleich zwei Serien der 'Neuen Revue' aus, hinter denen sich fundierter Sachverstand vermuten lässt. Einmal ist da der Themenkomplex >Wie unsere Jugend die Liebe entdeckt<, wobei uns der Artikel >Selbstbefriedigung - Was tun, wenn der Sohn heimlich onaniert?< auffiel ... Der Artikel baut auf die Ansicht von Prof. Dr. Helmut Kentler auf ... >Liebe von A-Z< behandelt das >Lexikon ohne Tabus<, das der Vorsitzende der Deutschen gesellschaft für Sozialwissenschaftliche Sexualforschung, Prof. Dr. Ernest Bornemann, exklusiv für die 'Neue Revue' geschrieben hat ... "


Homosexuelle Widerstandskämpfer "hatten sich im 'Dritten Reich' gegen zwei Seiten gleichzeitig zu behaupten: zum einen gegen die nationalsozialistischen Machthaber, zum anderen gegen die Schwulenfeindlichkeit innerhalb der antifaschistischen Bewegung selbst. Auf diese tragische Verkopplung wies der Berliner Geschichtsforscher und Autor Manfred Herzer in einem Vortrag über >Schwule Widerstandskämpfer gegen die Nazis 1933 bis 1945< in der Dahlemer Rostlaube (Berlin) hin ..."

Mord als Experiment. Volker Dreesbach, 22, Strichjunge " ... ermordete am 3.11.1982 in Köln Jürgen Dohlen, 24, mit 29 Messerstichen ... um >zu erfahren, ob man dazu fähig ist und ob man nachher weiterleben kann wie zuvor< ... ". Das Drama um diese beiden Schwulen ist heute noch im Archiv vom SPIEGEL 25/1983 nachzulesen.

43 Jahre nach dem Ende der Nazi-Diktatur. Der Bonner Rechtswissenschaftler und Hochschullehrer Friedrich-Wilhelm Bosch (1911-2000) in der 'Zeitschrift für das gesamte Familienrecht' ... dass die >Duldung der Homosexualität und grosszügige Behandlung solcher Tatbestände durch die Gerichte nicht die Aufgabe der Rechtsordnung' sein könne ... Abnormität, Dekadenz im Sexualbereich< wäre nicht selten >ein Vorbote totalen Zusammenbruchs eines Volkes< ...

Der heterosexuelle 26jährige Al Corley (*1956) machte Fernsehgeschichte, als er in der TV-Serie 'Denver Clan' den bisexuellen Sohn, Steven Carrington, spielte, einen der ersten auch-schwulen Charaktere im US-Fernsehen. Corley wurde durch diese Rolle berühmt. Das deutsche Müll-Blatt 'Wochenend' behauptete "Lockenköpfchen Steven - Alle heissen Männer sind scharf auf ihn" und nicht nur den Süssen spiele, sondern selbst >einen Touch dorthin< habe.


"Immer häufiger liest man heutzutage Kontaktanzeigen, in denen ungeniert Partner für SM- und sogenannte 'Erziehungsspiele' gesucht werden. Lust-Extreme dieser Art führen zu Nötigung, menschlicher Erniedrigung und - wie jüngst wieder - zu Todesfällen. Am Fall Werner Z. wollen wir aufzeigen, inwieweit in dieses Sexgeschehen auch faschisttoide Tendenzen hineinspielen  ... Extreme wie SM (Sadismus und Masochismus), sexuelle gewaltausübung und sogenannte 'Erziehungsspiele' gelten als 'in'. Immer wieder liest man in der Tagespresse von Körperverletzungen und Todesfällen, die durch solche Spielarten, oft in der schwulen Szene, entstehen ... weil im sexuellen Rauschzustand die Grenzen des körperlich Erträglichen hemmungslos überschritten werden ... "

Der Autor analysiert die Magazine TOY und MR SM aus dem Revolt-Verlag und beschäftigt sich mit den 'Bewerbungsunterlagen" (Training gefällig?) für die 'Ausbildung zum Vollzögling'.


"Homophile Menschen sind modisch aufgeschlossen. Andere Homoblätter bringen deshalb ... modische Tipps für Männer. DON hat das bisher sträflich vernachlässigt. Aber heute präsentieren wir drei Hobby-Modisten mit ihren Ideen zum Selberschneidern ... " Ein Satire.


Fünf Seiten lang bemüht sich DON seine Leser über den (zu diesem Zeitpunkt bekannten) aktuellen Wissensstand über AIDS zu informieren.


"Welche Absichten verfolgen eigentlich Journalisten, wenn sie in der Schwulenpresse gegen Äusserungen oder Ansichten, gegen Institutionen oder Vorkommnisse zu Felde ziehen? Bei manchen Lesern homosexueller Blätter herrscht ein arges Missverständnis darüber, was wohl der Sinn und Zweck derart engagierter oder gar polemischer Berichterstattung sei. In diesem Beitrag möchten wir unseren Lesern darlegen, welches Ziel DON verfolgt, wenn es Themen mit spitzer (oder gar überspitzter) Feder aufgreift ... "


Ein mehrseitiger Beitrag über Aubrey Beardsley (1872-1898). "Angelo d'Arcangelo schreibt in seinem 'Verzeichnis praktizierender Homosexueller' über Aubrey Vincent Beardsley >Brillanter Zeichner und ungewöhnlich talentierter Künstler. Schwach. Starb jung. Hinterliess aber schöne Pornographie<. Beardsley, der nicht einmal 26 Jahre alt wurde, gilt in der englischen Kunst als eine der ungewöhnlichsten Erscheinungen seit William Blake. Schon drei Jahre, nachdem er neunzehnjährig in der Öffentlichkeit Englands bekannt wurde, sprach man von der 'Beardsley Periode' ... "