Samstag, 9. Februar 2013

DON - The German Gay Magazine 1978 (Heft 4)


DON 4/78 erscheint im April 1978. Verleger ist Henry Ferling, Darmstadt, siehe DON 1/1973. Redaktion: Jens M. A. Reimer, R.v. Lindenau (= Henry Ferling), Tommy Brauner (= Jens M. A. Reimer), Bildredaktion: Guy Gilbert (= Günter Goebel) und Hans John (= Hans Möstl), Details bei DON 9/1976


Über schwule Kontaktanzeigen und den schwulen Fetisch ‘Jugend’
„ ... 32jähriger sicht Freund bis maximal 25 ... Das ist Homo-Realität. Wir sind auf Jugend fixiert. Jung... jünger... jünger gehts nicht mehr ... wenn Sie das mal ganz sachlich durchdenken, dann werden auch Sie zugeben müssen, dass diese Anzeigenwünsche ziemlicher Nonsense sind. Denn nach Adam Riese dürfte - wenn der Wunschmann immer jünger sein muss - kein Leser Kontakt zu einem anderen Leser finden ... Als Krönung dieser Methode glit das Wörtchen ‘maximal’. Da heisst es dann beispielsweise ‘über 23 zwecklos’ ... dann wundern sich die Inserenten, warum die Inserate ihren Zweck verfehlen ... viele als Bedingung gestellten Anzeigenwünsche sind die Quelle von Enttäuschung ... der Sinn solcher Anzeigen kann es doch nicht sein, dass unsere Setzer beschäftigt werden ... Die Anzeigen sollen helfen Kontakte zu knüpfen. Von Mensch zu Mensch ... „


Leuchtreklame: Das Kettchen mit dem Blinker um den Hals sagt Ihrem Gegenüber mit bis zu 10 Buchstaben was Sache ist. Für die sprachlose Atmosphäre in unseren Homobars eine wahrhaft leuchtende Idee.

Londoner Mütter bereiteten einer Organisation von Pädophilen, die sich dafür einsetzt, dass die Sexualität mit Kindern legalisiert wird, einen Empfang mit faulen Eieren, weichen Tomaten und Stinkbomben. Bereits zwei Wochen zuvor hatten die Pädophilen eine geplante Versammlung in einem Londoner Hotel absagen müssen, weil das Hotel-Personal in den Streik zu treten drohte.

Am 1. April 1978 existiert ‘Das andere Ufer’, Berlins erste unverkrampfte Homokneipe, ein Jahr. Am 27. April 1973 startete die DAH eine bundesweite Unterschriftensammlung zur totalen Abschaffung des § 175. Am 29. April 1972 formierten sich 300 Homosexuelle in Münster zur ersten Schwulendemo der Bundesrepublik Deutschland.

Spitze Slips. „Er stand im PLAYBOY - der TOM ... In der Züricher Preyergasse entsteht hautnahe Mode - im wahrsten Sinne des Wortes. Tom Wenzel, 43 [TOM men’s Shop, TOM Hosenschopf....], schneidert Herrenunterwäsche nach Mass. Ob Nerz, Goldnappa, Netz, Nylon oder Spitze, ob mit oder ohne Frontnaht, Reissverschluss, Sichtfenster oder - in zu kleinen Fällen - künstlicher Vergrösserung ... Seit Männer nicht nur auf Sakkos, Hosen und Socken achten, sondern sich auch für die eigene Unterwäsche interessieren, läuft sein Laden. Selbst bei Preisen zwischen 30 und 200 Mark pro Kreation ...“

Anmerkung: Thomas Wetzel, 1930-1985, Berliner in Zürich. Der Schlußsatz über Wetzels Leben von Ernst Ostertag lautet "... Tom führte ein äusserst aktives Nachtleben. Doch an allen Enden brennen, das ging nicht auf lange Zeit. Er verlor die Kontrolle und seine Kreativität. Er starb, völlig ausgebrannt, viel zu früh..."

Die erste TOM men's shop Anzeige erschien in DON 1972, der Beginn einer "wunderbaren Freundschaft" (und den Geschäftchen) des DON-Herausgebers Guy Gilbert = Günter Goebel mit TOM = Thomas Wetzel (das ist der richtige Name, entweder im Playboy falsch geschrieben oder von dort falsch übertragen), dem Berliner, der 1949 in die Schweiz kam und 1957 eine erste winzige Boutique in der Züricher Mühlebachstrasse 9 eröffnete. Der 2. Wetzel-Link führt zur Schweizer Schwulengeschichte, wo Wetzel häufiger erwähnt wird.

Hubert Prinz zu ..., Sohn von Ira Fürstin zu Hohenlohe-Langenburg (offenbar bis heute -2014- unverheiratet...), lässt sich brustfrei fotografieren, als Illustration zu einem Interview seiner Fürstenmutter in Andy Warhols Zeitschrift ‘Interview’ ... während Peter Nocke, 22, Europas erfolgreichster Schwimmer, Bronze bei der Olympiade in Montreal, sich von Nazi-Verherrlichungs-Bildhauer Arno Breker poertraitieren lässt.


Ein offener Brief an Joachim S. Hohmann (der Link führt zu DON 3/1977) Chefredakteur des Homo-Magazins MANN:
„ ...In Ihrem Leitartikel zu MANN 2/1978 nehmen Sie (ausgerechnet) den DON-Appell zu mehr Gemeinsamkeit der engagierten Homosexuellen (‘Ende der Ohnmacht’ in DON 11/1977) zum Anlass, sich mit einer Art journalistischem Duckmäusertums auseinanderzusetzen. Sie zitieren folgende DON-Passage > ... Da gibt es eine grosse deutsche Homozeitschrift, deren Chefredakteur in Gefägnissen wegen homosexueller Delikte lange und schwer gelitten hat, und der daraus schlussfolgernd seit Jahren seine Tausende von Lesern in Selbstbemitleidung einlullt und ihnen immer wieder auftischt, wie bedauernswert und unterdrückt sie doch seien ...< und stellen dieser Aussage eine Reihe von Diskriminierungsfällen ... gegenüber. Diese Gegenüberstellung veranlasst Sie zu dem Schluss, dass viele (gemeint ist natürlich DON) vor der bitteren Repressions-Realität ins unbesorgt-muntere Unterhaltsame flüchten ... dass unsere Redaktion die bitteren Tatsachen verschleiert und ihren Lesern ein Homoparadies auf Erden vorgaukelt ... “



DON-Verleger  Henry Ferling macht einen Test: Bei einem ihm bekannten Zeitschriftenkiosk/Tabakwarenhändler, in einer Haupstrasse Darmstadts, darf er 10 aktuelle DON-Hefte zwischen Capital, Brigitte und Stern plazieren. 

„ ... Noch nach 5 Wochen lagen die 10 DONs fein säuberlich an der gleichen Stelle, an der man sie einsortiert hatte. Im Gegensatz dazu gehen die DONs in der Buchhandlung von Darmstadts Hauptbahnhof weg wie warme Semmeln. Im gleichen Zeitraum .... hatte der Bahnhofsbuchhändler seine Bezugsauflage zum wiederholten Mal erhöht. Das gleiche Phänomen beobachten wir und die anderen Verleger von Homo-Zeitschriften in allen Teilen des Bundesgebietes. Denn gut 2/3 aller DONs werden in Bahnhöfen, Hauptbahnhöfen und Spezialläden verkauft ... Schreiben Sie uns doch bitte einmal, was Sie eigentlich daran hindert, eine Homozeitschrift im nächsten besten Zeitschriftenladen zu verlangen. Wo ist denn da der Hemmschuh? Dass die anderen Kunden in dem Laden mit dem Finger auf Sie zeigen und sagen >igittigittigitt< ...“


 Modell-Adressen: „ ... Obwohl wir ausdrücklich in jedem DON darauf hinweisen (siehe Impressum), dass wir grundsätzlich keine Adressen von Modellen in DON vermitteln, stapeln sich die ‘Adressenwünsche’ in unserer Redaktion ... „

Kleider-Pakete: Wir empfehlen DON-Lesern, die sich immer modisch aktuell kleiden, ihre noch perfekten, aber ‘unmodischen’ Klamotten nach Bethel, jener 1872 von Bodelschwingh gegründeten Anstalt für Epileptiker, zu schicken.

Erinnerung daran, sich für ein Paten-Kind in der Dritten Welt zu engagieren: „DON-Redakteur Jens hat Nachwuchs bekommen! Ein Junge! Er heisst Kruparao Pathakoti, ist 12 Jahre alt und lebt in Süd-Indien ... Sie erinnern sich unseres vorweihnachtlichen Vorschlages >Ihr Patenkind in Afrika<? ... „


 Der Nibbel, satirisches Gedicht von DON-Autor Stefan Troßbach

Sex-Report. Freunde tauschen. Ein schwules Phänomen: Auch viele eng befreundete/liierte Schwule leben keineswegs monogam, sondern betreiben permanenten Partnerwechsel. Die sexuellen Spielarten sind variationsreich. Der häufigste Fall (in einer stabilen Partnerschaft) ist, dass das Freundespaar gemeinsam ausgeht/loszieht, um gemeinsam einen Dritten als Sexpartner abzuschleppen (siehe auch Kontaktanzeigen). Lebt ein älterer Schwuler mit einem jungen Mann in einer festen Beziehung, kommt es nicht selten vor, dass der Jüngere loszieht (losgeschickt wird) um einen attraktiven Knaben als Dritten (und Vierten) in das Bett des älteren Partners zu locken („ ... Freundespaar, vitaler 48er und Zwanziger, echtes Vater-Sohn-Verhältnis, sucht einen hübschen Bengel, maximal 20, der mit uns ein Spiel treibt ...“)